Das Café „Akademitschne“ liegt am Schewtschenko-Boulevard. Es wurde 1911 gebaut. Früher hieß es Café „Roma“ und war eines der Lieblingslokale von Iwan Franko und anderen Literaten. Auch heute genießt es eine große Beliebtheit unter Lwiwern und Gästen der Stadt, vor allem dank seiner gemütlichen Atmosphäre.

Jan Paul Hinrichs.
Lemberg-Lwów-Lwiw. Eine fatale Stadt
Mit grosser Aufmerksamkeit und Ironie stellte Roth die Gesellschaft im schon seit Langem verschwundenen literarischen Café in der Akademitschna-Straße dar. „Und hier werden die Grenzen zwischen Bürgertum und Boheme verwischt. Hier verweilen der Sohn eines bekannten Bankangestellten, Regisseur und Literat. An einem benachbarten Tischchen können ihre Untergebenen sitzen. Alle Grenzen sind fließend, kaum merklich“.
Aus dem Ukrainischen von Julija Mychajliwska
Hinrichs, Jan Paul. Lemberg-Lwów-Lwiw. Fatalne misto. [Lemberg-Lwów-Lwiw. Eine fatale Stadt]. Wydawnyctwo Zhupanskoho: Kyjiw 2010, S. 145.
Jurij Wynnytschuk.
Lwiwer Kneipen
Ans „Roma“ erinnerte sich der berühmte österreichische Schriftsteller Joseph Roth. „Es gibt ein literarisches Kaffeehaus, das „Roma“ heißt. Hierher kommen anständige Bürger und die Grenzen zwischen Bürgertum und Boheme verwischen. Hier verweilen der Sohn eines bekannten Rechtsanwalts, ein Regisseur, ein Literat. An einem benachbarten Tischchen können ihre Verwandten sitzen. Alle Grenzen sind fließend, kaum bemerkbar“.
Einen unglaublichen Eindruck machten auf mich die Kellner im „Roma“, – erwähnte Józef Wittlin, – die, schon wie Gäste, an Tischchen des Kaffeehauses „Renaissance“ saßen und ihren Kollegen, die dort arbeiteten, winkten, sie zu bedienen. Sie trugen schreiend grelle Jacken und bunte Krawatten. Das war ihre festliche Kleidung. Schwarze Berufssmokings und Fräcke pflegten zu Hause der Ruhe und verdampften alltägliche Müdigkeit.
Nur im „Roma“ bot man alle Schattierungen von Kaffee – Kapuziner (Cappuccino) – an: „Shale Gold“, „Shale Nuss“, „Nuss-braun“, „Braun“, „Capo“ und die dunkelste „Schwarzer gespritzt“.
Das „Roma“ gehörte zu den seltenen Kaffeehäusern in Lwiw, die sogar einigen schon veralteten Traditionen treu blieben. Zum Beispiel saßen zu Zeiten der Österreich-Ungarischen Monarchie immer österreichische Artilleristen an einem Tisch, und wenn sie das Café verlassen wollten, dann rief der Kellner zum Kassierer: – Artillerie zahlt!
Es ist merkwürdig, aber als Lwiw schon unter Polen war, bewahrte man immer noch diesen Brauch, wenn der Kellner dem Kassierer Bescheid gab, an welchem Tisch man bezahlen wollte, obwohl dort schon seit langem keine „Artillerie“ mehr saß.
Das „Roma“ hat auch seine ehemaligen Kunden behalten. Diese einsamen Stammgäste, die leidenschaftlich ihre Gewohnheiten pflegten, trafen sich im „intelligenten“ Saal seitens der Fredro-Straße. Seit ewigen Zeiten erschienen sie pünktlich zur gleichen Uhrzeit, setzten sich an den Tisch unter dem Ritterschild und während sie normalen schwarzen Kaffee tranken, blätterten sie in Zeitungen in einer mit den Jahren entstandenen bestimmten Reihenfolge. Mit der Regelmäßigkeit einer Militärwache ging der Tisch mit Zeitungen von Hand zu Hand über, genauso regelmäßig wurden Tischchen mit Schach besetzt.
Im großen Saal, den man „den Freundlichen“ nannte – seitens der Akademitschna-Straße – herrschten weniger orthodoxe Traditionen. Es war hier üblich, von Tisch zu Tisch zu wandern, alle redeten hier mit allen über alles und lebten wie eine Familie, die übereinander klatschte, zugleich aber ohne einander nicht leben konnte.
Aus dem Ukrainischen von Julija Mychajliwska
Wynnytschuk, Jurij: Knajpy Lwowa [Lwiwer Kneipen]. Piramida: Lwiw 2005, S. 102 f.