Die Freimaurer

Symbolik der Freimaurer auf dem Haus in der Dudajew-Strase, 9.O. Diachok. Foto, 2017

Die Freimaurerei ist eine moralische und ethische Bewegung in Form einer geschlossenen Organisation. Eine der Definitionen der Freimaurerei ist ein „moralisches System, beschrieben in Allegorien und illustriert mit Symbolen“. Die erste Freimaurerloge wurde 1742 von einem polnischen Adligen in Wyschniwec’ (heute Region Ternopil) gegründet. Im Jahr 1758 formierte sich die erste Loge in Lwiw, die Loge „Drei Göttinnen“.


Andrij Kozyckyj.
Kriminelle Welt im alten Lwiw

Die Mystik der neuen Zeit erschien in Lwiw in freimaurerischer Schürze und mit der heimlichen Symbolik der Freimaurerei dekoriert. […]

Ohne Rücksicht auf den ehrwürdigen und respektablen Gründer der ersten Freimaurerloge in Lwiw „Drei Göttinnen“ (1747), Bankier Lonschan, für den Freimaurerei eher nur ein Spiel und Mittel zum Schmeicheln seiner Eigenliebe war, kann man über alle folgenden Freimaurer der galizischen Hauptstadt sagen, dass sie völlig halbverrückte Putzer und Scharlatane mit einer leichten Neigung zur Verbesserung ihrer materiellen Lage mittels ihrer Nächsten waren. Was Lonschan betrifft, gab er mit der Zeit esoterische Dinge auf und wurde sogar städtischer Beigeordneter.

Pionier der Lwiwer „echten“ Freimaurerei wurde der österreichische Leutnant der Infanterie Martin von Klemens, der mit den ersten Truppen der Besatzungsarmee des Generals Hadik in die Stadt kam. „Ein Mystiker trivialer Art, wahrscheinlich sogar kein Scharlatan, eher ein Kopf, in dem alles bis zur äußersten Grenze der Psychopathie und des Wahnsinns vermischt war“, so charakterisierte den mutigen Infanteristen sein Mystik-Kollege, Universitätsprofessor Herr Feßler, von dem die Rede weiter unten sein wird. Klemens war von der Kabbalistik und der Decodierung geheimer, in der Bibel verborgener Kenntnisse besessen. […] Dass er in diese Geheimnisse offensichtlich nicht eingeweiht war, hinderte den Leutnant jedoch nicht, die feierliche Eröffnung der Loge „Unter drei Fahnen“ zu leiten, die am 29. April 1774 in Lwiw stattfand. Die Freimaurerloge, die fast ausschließlich aus österreichischen Offizieren bestand, wählte Klemens einstimmig zu ihrem Vorsitzenden.

1778 begann Giuseppe Beduci an der Gründung der „theoretisch-salomonischen Loge“ in Lwiw zu arbeiten. Der Italiener deutete überall an, dass er über geheime Kenntnisse verfüge und diese für eine bestimmte Summe teilen könne. Obwohl Sepplleichtgläubigen Neophyten der Esoterik das Geld aus der Tasche zog, enthüllte er niemandem etwas. Als sich der unternehmungslustige Mystiker von betrogenen Adepten bedroht fühlte, fälschte er das Patent auf das Gründungsrecht einer einzelnen Freimaurerloge und verschaff te sich irgendwo einen vergoldeten Hammer, als ob dieser ein Symbol der Freimaurereinweihung wäre […].

Einen einzelnen Essay verdiente die Biographie eines der „Titanen“ der Lwiwer Freimaurerei des 18. Jahrhunderts, Ignaz Aurelius Feßler (1756–1839). „Eine gigantische Gestalt, die aus der Ferne strahlte, wie die Feuersäule vor dem israelischen Volk“, so beschrieb ihn der Historiker der galizischen Freimaurerei Abafi. Feßler war wirklich einer unter wenigen Zeitgenossen, der gut Latein und Hebräisch beherrschte und sich systematisch nicht nur mit Magie, sondern auch mit echter Wissenschaft beschäftigte […]. 1784–1788 war er Lehrstuhlleiter an der Universität in Lwiw, bis er aus der Stadt floh, weil er einen Wechsel nicht zahlen wollte.

Der unbeherrschte Charakter des ehemaligen Mönchs äußerte sich fast in allem […]. Feßler gab auf eigene Kosten die Broschüre „Was sind Freimaurerlogen und was müssen sie werden“ heraus, in der er scharf Kleinlichkeit, Intriganz, Eigennutz und Ignoranz der damaligen Lwiwer Freimaurerei kritisierte.

Es gab allerdings noch einen Mystiker, der klüger und listiger als Feßler war. Die Person, die den unruhigen Hermeneutikprofessor um den Finger wickelte, war Herr Korsyzkyj, eine nicht weniger geheimnisvolle und interessante Person. Seine Herkunft war Lwiwern unbekannt, aber dem Familiennamen nach konnte er entweder Pole oder Ukrainer sein. Korsyckyj hatte angeblich in Straßburg studiert, wo er, nach eigenen Worten, in eine Freimaurerloge aufgenommen wurde […]. Später reiste er durch England und Frankreich und 1758 meldete er sich zum russischen Militärdienst. Er kämpfte in Deutschland […]. Als er im Jahr 1766 aus dem Militärdienst ausgetreten war, reiste er nach Stockholm […]. Korsyckyj geriet in Verlegenheit, indem er alles Geld für Magielehre ausgab. 1782 kam er nach Lwiw und lebte von 300 Rubel Rente […]. In Lwiw gab er Feßler Magieunterricht […].

In der zweiten Hälfte der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts begann das Kaisertum Österreich auf für sich typisch methodische Weise die Beziehungen zwischen seinen Untertanen und geheimen Kräften zu regeln. Nach dem 1785 herausgegebenen Erlass, der die Ordnung zur Registrierung der Freimaurerlogen reglementierte, durfte in jeder Stadt außer der Hauptstadt nicht mehr als eine Freimaurerloge existieren. Später waren Kontakte zwischen österreichischen Logen und ihren ausländischen Kollegen und nach einiger Zeit die Teilnahme von Staatsbeamten und Wehrdienstleistenden an Aktivitäten der geheimen Gemeinschaften verboten. 1795 verbot Franz I. die Freimaurerei gänzlich. Gesetzestreue galizische Freimaurerlogen lösten sich selbst auf, und in Lwiw wurde, wie ein Historiker schrieb, „für eine bestimmte Zeit mit der Ketzerei aufgehört“.

Aus dem Ukrainischen von Julija Mychajliwska

Kozyckyj, Andrij: Kryminalnyj swit staroho Lwowa [Kriminelle Welt im alten Lwiw].
Afischa: Lwiw 2001, S. 173 ff.


Stanislaw Wasylewski.
Lemberger Geschichten

Am zahlreichsten aber fanden sich die bislang hier nicht bekannten Freimaurer ein. Schon unter den ersten österreichischen Offizieren befand sich ein sonderbarer Mystiker mit Kelle und Schurz und fi ng an, Anhänger für den Kult Hirams, des großen Baumeisters der Welt, zu werben. Wie Pilze nach dem Regen sprossen die Freimaurerlogen, gegründet von Korporalen aus der Armee des General Hadik, wie auch von Professoren der josephinischen Universität. […] Freimaurerlogen gab es in Lemberg offenbar so viele wie Kaffeehäuser, nur dass sie klangvollere Namen hatten: „Zur wahren Freundschaft“ (1782) war die Loge der Aristokratie, in der Loge „Zu den drei weißen Adlern” (1772) stand der weiße Adler nicht sehr hoch im Kurs, denn dort versammelten sich die österreichischen Beamten.

Wasylewski, Stanislaw: „Lemberger Geschichten“. In: Woldan, Alois (Hrsg.): Europa erlesen: Lemberg. Wieser Verlag: Klagenfurt 2008, S. 80 f.