
Die Kirche der Heiligen Olha und Elisabeth, die Lwiw mit ihrer Prächtigkeit und Auserlesenheit schmückt, befindet sich auf dem Kropywnyckyj-Platz. Sie wurde in den Jahren 1904–1911 im neogotischen Stil mit Elementen der Romanik als Hallenkirche errichtet und war ein Bauprojekt von Teodor Talowskyj. Die Kirche wurde zum Andenken an die Frau von Franz Joseph I., Kaiserin Elisabeth Amalie Eugenie (Habsburg), bekannt unter ihrem Kurznamen Sisi, nach der heiligen Elisabeth benannt. 1991 fügte man auch den Namen der Heiligen Olha, Fürstin von Kyjiw, Frau des Fürsten Ihor I. hinzu.
Igor Klech.
Die Kirche an der Bahnhofstraße
Sie erblickte das Licht der Welt am Beginn des Jahrhunderts, als die Dampflokomotive durchdringende Pfiffe ausstieß und die erste Generation von Straßenbahnen, aufgeputzte Wägelchen, um den Ort ihrer Kindheit rumpelten, an dem sich die Horodezka- mit der Neuen-Welt-Straße kreuzte […]. Die neugotische junge Schöne sollte mit ihren Turmspitzen elf Meter höher in den Himmel ragen, als die Kuppel von St. Georg, die ja schon Jahrhunderte lang dem beleidigten, aber hochnäsigen polnischen Blick ein Dorn im Auge war, um dem lieben Gott einen zarten Hinweis zu geben, dass er angesichts der umliegenden Völker auf die Polen vergessen hätte.“
Aus dem Ukrainischen von Alois Woldan
Klech, Ihor: „Die Kirche an der Ba hnhofstraße“. In: Woldan, Alois (Hrsg.): Europa erlesen: Lemberg. Wieser Verlag: Klagenfurt 2008, S. 204.
Jan Parandowski.
Der Himmel in Flammen
Nach Hause nicht eilend schlenderte Teofil bis zur Mickiewicz-Straße. Erst da begriff er, dass er es noch in die Ostermesse in die Kirche der Heiligen Elisabeth schaffen konnte […]. Es war schon dunkler Abend. Ein paar Schritte vor Teofil trug ein Laternenanzünder ein blaues Flämmchen auf seinem langen Stock und zündete Gaslichter an, die mit einem plötzlichen und kurzen Knistern aufflammten. Der Laternenanzünder sah aus, als wäre er aus irgendwelchen alten Zeiten gekommen, etwa aus der Epoche der Öllampen, in der die wie eine Schlucht düstere Szeptycki Straße noch zu verharren schien. Die Fahrbahn lag da in einer tiefen Schlammschicht. Sie wurde von einem Pfad durchkreuzt, der entlang des Lichtstreifens, der aus den verglasten Türen der Eckkneipe fiel, ausgetreten worden war. Aber da kamen schon der Platz und die Kirche, deren Glocken bereits läuteten!
Das gotische Gebäude glänzte mit Licht aus allen Fenstern, von den größten bis zu den kleinsten, hier und dort öff neten sich augenscheinlich kleine Ritzen, durch die ein goldener Glanz kam, aber oben herrschte Dunkelheit, in ihr verschwanden die Umrisse des Dachs. Der Turm schien aber dunkler als der Himmel zu sein. Die Menschen in der dahinziehenden Prozession trugen Kerzen – rührende, vertrauensvolle, flackernde Flammen. Sie gingen singend, die Auferstehung Christi verkündend. Als sie auf der anderen Seite der Kirche verschwanden, hallte ihnen ein entfernter Gesang nach, als träten alle um die glänzenden Baldachine mit den Triumphfahnen herumstehenden Menschen, eine Reise ins Innere der Nacht an, um überall auf der Straße den unvermeidlichen Tagesanbruch anzukündigen. Niemals zuvor hatten Teofil all diese Zauber des Kultes, mit dem er geboren und aufgezogen wurde, so stark angesprochen. Er blieb stehen, bis die mit silbernem Klingen der Glocken und Weihrauch umhüllte Prozession in die Kirche zurückkehrte. Erst auf der Leon-Sapieha-Straße, an der Polytechnischen Universität verließen ihn die Glocken der Kirche der Heiligen Elisabeth, indem sie plötzlich verstummten. Doch bald ertönten schon andere, irgendwo aus dem Inneren der Stadt. Der Himmel betete immer noch mit Rotguss.
Aus dem Polnischen von Maryna Winnik, Lyubomyr Borakovskyy
Parandowski, Jan: Niebo w płomieniach [Der Himmel in Flammen]. Puls: London 1994, S. 72 f.