Die Schule mit erweitertem Deutschunterrricht Nr 8. befindet sich in der Pidwalna-Straße im Zentrum von Lwiw. Sie wurde als II. Kaiserlich-Königliches Gymnasium im Jahr 1818 gegründet. Von 1918 bis 1939 trug das Gymnasium den Namen eines Absolventen, des bekannten Lwiwer Historikers, Publizisten und Schriftstellers Karol Schajnocha. Unter den Professoren des Gymnasiums waren hervorragende Philologen wie Jakiw Holowackyj und Wasyl Schtschurat, die Mathematiker Petro Sywuljak und Myron Zaryckyj, der Historiker Stefan Tomaschiwskyj sowie der wahrscheinlich bekannteste Absolvent, der polnische Schriftsteller Stanisław Lem.

Stanisław Lem.
Das Hohe Schloss
Über das Gymnasium von oben herab zu schreiben ist schlimmer als ein Vergehen – es ist ein Irrtum. Man muß darüber wie über etwas Absolutes schreiben. Durch Mauern und Kreide gestützt, währte es grundsätzlich im Lehrkörper – so müßte die erste annähernde Diagnose lauten. Das ist kein Scherz. Zu den Lehrern anderer Schulen, und man begegnete ihnen zum Beispiel im Theater, hatten wir das Verhältnis Orthodoxer gegenüber Andersgläubigen, gegenüber ihren Altären und Praktiken hegten wir nicht die geringste Unsicherheit, einfach nur eine leicht verlegene Verwunderung – da steckt ja überhaupt nichts dahinter, wie kann man nur so verblendet sein! […] So manches Mal trug ich die Klassenarbeitshefte in den Konferenzsaal. Dort mußten ein Tisch, vielleicht sogar Stühle gestanden haben, aber davon weiß ich nichts. Und was das Kabinett des Direktors selbst betrifft, so kann natürlich nicht die Rede davon sein, daß ich es beschreiben könnte, und dieses Nichtwissen läßt sich durch die Umstände, die mich dorthin brachten, erklären – etwa weil ich mit meinem Freund Ł. das Waschbecken in der Klasse zerschlagen hatte. Ich bleibe dabei: Nicht die Angst, sondern das Absolute blendete mich. Es war bestimmt dort. Ich habe das gespürt. Ich habe es sogar noch nach vielen Jahren gesucht, wenn ich, bereits ein Literat, der ein Treffen mit Jugendlichen hatte, in dem einen oder anderen Gymnasium bei einer Tasse Kaffee im Kabinett des Direktors wartete. Ich fand nichts, es war wie Kampfer verschwunden, hatte sich verflüchtigt, hatte erstarrte Schreibtische, Sessel, Wappen sowie die richtigen Porträts an den Wänden hinterlassen – aber nur für mich. Seine Gegenwärtigkeit fand ich plötzlich in den Gesichtern der Schüler widergespiegelt, die dort über die Schwelle traten […].
Lem, Stanisław: Das Hohe Schloß. Aus dem Polnischen von Rymarowicz, Caesar.
Suhrkamp: Berlin 1990, S. 94 f.