Georg Franz Kolschitzky

„Zu den blauen Flaschen“, Altwiener Kaffeehausszene. Unbekannter Autor. Wikipedia. Öl auf Leinwand, um 1900

Georg Franz Kolschitzky (ukr. Kultschyckyj) war ein Händler, Geschäftsmann und Dolmetscher sowie Spion für den polnischen König Jan III. Sobieski. Er trug zum Ende der Belagerung Wiens durch die osmanischen Truppen bei. Der Legende nach eröffnete der heldenhafte Kundschafter Kolschitzky die erste Kaffeeschenke (mit den heutigen Kaffeehäusern nicht zu vergleichen) mit dem Namen „Zur blauen Flasche“ in Wien.


Jurij Wynnytschuk.
Geheimnisse des Lwiwer Kaffees

Geboren wurde Jurij Franz Kultschyckyj 1640 im Dorf Kultschyci Schljachotski in der Nähe von Sambir. In der Jugend ging er in die Sitsch1, während eines Feldzugs geriet er in türkische Gefangenschaft, wo er nicht nur die türkische Sprache, sondern auch deren Bräuche perfekt erlernte und natürlich nach Kaffee süchtig wurde. Schließlich wurde er Übersetzer in Akkerman […]. 1778 gab er seine Stelle auf und zog nach Wien um […].

1683 wurde er durch seine Heldentat berühmt – er willigte ein, Briefe, in denen Kaiser Leopold von der Lage in der Stadt benachrichtigt wurde, aus dem umzingelten Wien dem Herzog von Lothringen Karl v. zu überbringen und mit Nachrichten nach Wien zurückzukehren. Diese Heldentat trug zum Ende der Belagerung Wiens durch die osmanischen Truppen bei.

Der Ausdruck der Freude war stürmisch und die Beute riesig […]. Also, als Kultschyckyj vom Stadtverwalter Graf Starhemberg eingeladen wurde und dieser sich danach erkundigt hatte, auf welche Weise er den Helden für seinen Opfermut belohnen könnte, bekam er diese Antwort:
– Sehr geehrter und gnädiger Herr, Sie wissen wohl nicht, dass es im türkischen Lager unter der reichen und wertvollen Beute auch zahlreiche Säcke mit grau-grünen Samenkörnern gibt?
– Davon habe ich gehört, bis jetzt aber konnte mir niemand erklären, wozu sie nützlich sind, – sagte Starhemberg.
– Ich kenne diese Samenkörner, daraus wird ein Getränk hergestellt, das das Blut angenehm reizt, aber dabei nicht berauscht. Überlassen Sie mir bitte, gnädiger Herr, ein paar Säcke dieser Samenkörner und ich werde damit ein berühmtes Getränk zubereiten, das man Kaffee nennt. Und bald wird es zum Lieblingsgetränk der Wiener werden, wie es seit hundert Jahren bei den Türken ist. Der Wiener Beamte und der Stadtrat erfüllten seine Bitte und erteilten die Genehmigung, ein Kaffeehaus in der Stadt zu eröffnen […].

Am Anfang verkaufte Kultschytckyj Kaffee auf den Straßen von Wien, indem er Kannen und Tassen auf einem Brett trug. Fast scheiterte er, weil bitterer Kaffee den Wienern nicht schmeckte. […]

Ein Zufall kam ihm zur Hilfe. Eines Tages geriet ihm Zucker in das schwarze Getränk. Er nahm ärgerlich einen kleinen Schluck und wunderte sich, dass Kaffee mit Zucker besser schmeckte. Dann gab er ein wenig Milch hinzu und das Getränk schmeckte noch besser. Da Kultschytckyj nicht nur mutig, sondern auch unternehmungslustig war, beschloss er – wenn Kaffee auf türkische Art nicht schmeckte, dann werden wir auf wienerische Art Kaffee kochen. Und so kam es zum Wiener Kaffee, den alle gern tranken […].

Nach einer gewissen Zeit eröffnete er das Lokal „Zur blauen Flasche“. […] Das Café wurde schnell in ganz Wien berühmt. Nach seinem Tod begann sich „der Beruf “ des Kaffeesieders in Wien erfolgreich zu verbreiten. In kurzer Zeit wurde der Wiener Stil von anderen europäischen Hauptstädten übernommen.

In Lwiw existierte auch ein paar Jahre das Kaffeehaus „Bei Jurij Kultschyckyj“ in der Wynnytschenka-Straße, jedoch benannten es neue Besitzer um. Aber es gibt immer noch das Café „Zur blauen Flasche“ in der Ruska-Straße 4.

1 Gemeint ist das Kosakentum (Anm. d. Hrsg.)

Aus dem Ukrainischen von Julija Mychajliwska

Wynnytschuk, Jurij: Tajemnyci lwiwskoji kawy [Geheimnisse des Lwiwer Kaffees].
Piramida: Lwiw 2008, S. 88 ff.