Zbigniew Herbert

Zbigniew Herbert. Wikipedia. Foto, o. J.

Zbigniew Herbert war ein polnischer Dichter, Dramatiker und Essayist, dessen Werke in 38 Sprachen übersetzt wurden. Er wurde in Lwiw in der bekannten Familie Herbert geboren. Zbigniew studierte Wirtschaft, Jura und Philosophie. 1954 debütierte er mit einer Gedichtsammlung. Ihm wurden mehr als 20 Literaturpreise verliehen. Schon am Anfang seiner dichterischen Laufbahn galt er als Klassiker der polnischen Dichtung.


Andrij Pawlyschyn.
Zbigniew Herbert als Symbol des Lwiwer Multikulturalismus

In der Nacht auf den 28. Juli 1998 tobte in Warschau ein starkes Gewitter. Zbigniew Herbert sah in die Zukunft, als er seinen letzten Gedichtband, der noch während seines Lebens veröffentlicht wurde, „Gewitterepilog“ nannte. Er starb während dieses Gewitters um vier Uhr morgens.

Die Stadt, in der Herbert seine Kindheit verbracht hatte, sollte er als Erwachsener nicht wieder sehen. Es war die Stadt Lwiw, die er sein ganzes Leben lang vermisste (worüber er immer wieder in seinen Gedichten und Erinnerungen schrieb). Diese Wehmut war metaphysisch, sie war nicht die Wehmut eines Besitzers, dem etwas gestohlen wurde, was in seiner Seele böse Gefühle weckte. Nein, es war die Wehmut nach der Heimat, nach der Kindheit, den Großeltern, Eltern, Freunden, die nie mehr jung an einen Ort zusammen kommen…

Der Urgroßvater des Dichters stammte aus dem berühmten Hause Herbert, er kam ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts aus Großbritannien über Wien nach Lwiw, um Englisch zu lehren. In seinen Gedichten erinnerte sich Zbigniew Herbert oft an seine Großmutter, die aus der bekannten armenischen Familie Balaban aus Lwiw stammte. Er war stolz auf seine ethnisch vielfältigen familiären Wurzeln.

Im Jahre 1954 trat er mit der Gedichtsammlung „W każdej chwili wybierać muszę“ (dt. „Jede Minute muss ich eine Wahl treffen“) zum ersten Mal als Dichter auf. Seitdem sind viele Gedichtsammlungen hinzugekommen, die reich an tiefen intelligenten Reflexionen sind und sich durch ihre auserlesene Form auszeichnen (unter den beliebtesten sind die Sammlungen „Pan Cogito“, 1974, „Elegia na odejście“, 1990, „Rovigo“, 1992). Schon ganz zu Beginn seines dichterischen Werdegangs wurde er zu einem Klassiker der polnischen Poesie. Bei einem studentischen Kulturfestival in Gdańsk 1961 wurde Herbert als „Dichter der Intelligenz, Ironie und satirischen Nachdenklichkeit“ zum Poetenfürst ernannt. Die Werke von Herbert genießen auch im Westen große Popularität.

Überall, wo Zbigniew Herbert lebte, suchte er sein metaphysisches Lemberg. Wie sich Herling-Grudziński, der vor kurzem gestorben ist, erinnerte, kam Herbert oft zu ihm in den Süden Italiens, um in kleinen altertümlichen Städtchen zu leben, wo es wochenlang nieselte. Eben hier spürte er die Atmosphäre der Stadt seiner Kindheit, dadurch wurde er inspiriert.

Aus dem Ukrainischen von Olena Pylyptschuk

Pawlyschyn, Andrij: „Zbigniew Herbert jak symwol lwiwskoho multykulturalismu.“ [Zbigniew Herbert als Symbol des Lwiwer Multikulturalismus]. In: Lwowskie spotkania. Społeczno-kulturalny miesięcznik polski na Ukrainie. Numer specjalny 2004, S. 11.